Quantcast
Channel: Metronaut.de »» bundespräsident | Metronaut.de
Viewing all articles
Browse latest Browse all 6

Nicht mein Präsident: Gute Gründe gegen Gauck

$
0
0
CC-BY-NC Sebastian Hillig

Glücklicherweise wird die vorzeitige Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten durch die Parteispitzen von Grün, Rot, Gelb und Schwarz nicht mehr ganz so unkritisch gefeiert wie seine Kandidatur bei der letzten Bundespräsidentenwahl. Wer jetzt jubelt, dem sollten folgende Zitate, Anmerkungen und Fakten von und über den nächsten Bundespräsidenten mit auf den Weg gegeben werden.

Sozialpolitisch ist Gauck, der mit (neo)liberalen Preisen überschüttet wurde, ein Vertreter der eisenharten Marktwirtschaft, wie der Spiegelfechter schön auseinandernimmt.

Gauck lobte Gerhard Schröder für seinen HartzIV-Mut, nannte Sozialproteste “töricht” und gibt quasi 1:1 Zitate der neoliberalen PR-Maschine Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft wider:

„Wir stellen uns nicht gerne die Frage, ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen.“ (Quelle: Welt-Online vom 07.06.10).

Kritik an Banken und die Occupy-Proteste fand er “unsäglich albern”, in seinem Buch “Winter im Sommer – Frühling im Herbst” nannte er diejenigen, die den bundesdeutschen Sozialstaat für nicht sozial genug halten, “kleinmütig” und “anfällig für fürsorgliche Politik” (S.337 / siehe auch). Gauck ist ein Präsident, der seinen Antikommunismus auch auf klassische sozialdemokratische Positionen ausgeweitet hat, er will die SPD als Schröderianer in der Mitte sehen.

Gauck fühlt sich angetrieben vom „Schmerz über so viel geraubte Freiheit, soviel Demütigung und beständiger Ohnmacht“ (S. 329 seines Buches) in seinem Leben als Pastor in der DDR. Die Erfahrung mit einem repressiven Regime führt jedoch nicht dazu, autoritäre Tendenzen in der Bundesrepublik als solche zu erkennen. So sagte er über die Vorratsdatenspeicherung, nachdem er Hans-Christian Ströbele “Hysterie” vorwarf:

“Sie müssen wissen, dass etwa die Speicherung von Telekommunikationsdaten nicht der Beginn eines Spitzelstaates ist.”

Wiederrum mit Informationsfreiheit, Transparenz und Whistleblowing hat es Gauck nicht so. Das seien gestohlene Daten: “Das kann ich nicht akzeptieren, dass das gefeiert wird, das ist ein elementarer Verlust von Recht.” Und überhaupt, Transparenz: Als er damals als Leiter der “Gauck-Behörde” eine parlamentarische Anfrage der PDS zur Beschäftigung von ehemaligen MfS-Mitarbeitern geben musste, beantwortete er diese falsch. Kritik an der Ausrichtung der Stasi-Unterlagenbehörde gab es natürlich auch: Die Unterlagenbehörde habe bewiesen, dass sie für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte ungeeignet sei. Sie sei nicht als neutrale wissenschaftliche Einrichtung angelegt, sondern habe die politische Bestimmung, die DDR zu delegitimieren. Das unterschrieben damals Egon Bahr, Günther Grass und Friedrich Schorlemmer.

Dem Rassisten Sarrazin attestierte Gauck hingegen “Mut”, auch wenn er dessen biologistische Thesen ablehnte. Aus der SPD hätte er Sarrazin nicht ausgeschlossen, sagt er im selben Interview und Stolz, auch auf die Nation, hält er für ein natürliches Gefühl. Das muss nicht verwundern, denn Gauck hatte auch kein Problem damit, in der vom NS-Richter und CDU-Ministerpräsidneten Filbinger gegründeten neurechten Denkfabrik “Studienzentrum Weikersheim” als Referent zu sprechen. Da wundert dann seine krude Haltung zur Abtretung der deutschen Ostgebiete auch nicht mehr, die er im Nachwort des “Schwarzbuches des Kommunismus” ventilierte:

“Einheimischen wie Vertriebenen galt der Verlust der Heimat als grobes Unrecht, das die Kommunisten noch zementierten, als sie 1950 die Oder-Neiße-Grenze als neue deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannten.”

Im gleichen Nachwort setzt Gauck darüber hinaus grob den Kommunismus und Nationalsozialismus gleich. Eine “frivole Relativierung der NS-Verbrechen” nannte der Sozialdemokrat Jochen Zimmer, Herausgeber des “Gauck-Lesebuchs” (Eichborn-Verlag) dieses Geschichtsbild.

Gaucks Erfahrungen mit dem autoritären real existierenden Sozialismus haben ihn wohl auch bewegt, im Jahr 2008 die “Prager Erklärung” zu unterzeichnen. Die Prager Erklärung steht in der Kritik, den Nationalsozialismus und den Kommunismus gleichzusetzen und damit die NS-Verbrechen zu relativieren.

Wenn also am 18. März der “Bundespräsident der Nationalen Einheit” mit überwältigender Mehrheit gewählt wird, dann wird es einer sein, der vom Sozialstaat nicht viel hält, der in warmen Worten die Eigenverantwortung des Einzelnen in den Vordergrund stellt, Kritik am Kapitalismus für albern hält, HartzIV und Afghanistan-Krieg gutheißt, die Vorratsdatenspeicherung befürwortet, den Verlust der Ostgebiete wie Erika Steinbach sieht – und darüber hinaus Kommunismus und Nationalsozialismus gleichsetzt in gefährliche Nähe setzt.

Das ist nicht mein Präsident.

Foto: Sebastian Hillig unter CC-BY-NC

Update:
Zu Gaucks Haltung der Vorratsdatenspeicherung und den Vorwürfen, hier werde alles aus dem Kontext gerissen: Wer sich dieses Video anschaut, wird merken, dass Gauck zwar eine Verhältnismäßigkeit fordert, aber generell einen Einsatz der Vorratsdatenspeicherung nicht ablehnt. Dies darf man getrost Befürwortung der Vorratsdatenspeicherung nennen, auch wenn Gauck hier abwägt und durchaus kritische Anmerkungen macht.

Interessant finde ich auch, dass weder Patrick Breitenbach noch der Cicero auf die anderen Vorwürfe, wie die Zitate zur Ostgrenze oder der Kritik an seinem Totalitarismus-Ansatz machen, der eben kommunistische Regime und den Nationalsozialismus in eine nicht haltbare Nähe setzt – und dadurch den Holocaust relativiert. Genausowenig werden irgendwo die neoliberalen Aussagen Gaucks als kontextlos dargestellt, denn Gauck ist eben ein Neoliberaler. Und das lässt sich eben nicht entkräften.

Was mich in meiner Haltung gegenüber Gauck bestärkt, ist der Beifall, den er von rechtskonservativer und nationalliberaler Seite bekommt. Das befremdet sehr und sollte auch Sozialdemokraten, Grüne und Linksliberale nachdenken lassen.

Flattr this!


Viewing all articles
Browse latest Browse all 6

Latest Images

Pangarap Quotes

Pangarap Quotes

Vimeo 10.7.0 by Vimeo.com, Inc.

Vimeo 10.7.0 by Vimeo.com, Inc.

HANGAD

HANGAD

MAKAKAALAM

MAKAKAALAM

Doodle Jump 3.11.30 by Lima Sky LLC

Doodle Jump 3.11.30 by Lima Sky LLC

Trending Articles


Ang Nobela sa “From Darna to ZsaZsa Zaturnnah: Desire and Fantasy, Essays on...


Lola Bunny para colorear


Dino Rey para colorear


Girasoles para colorear


Dibujos de animales para imprimir


Renos para colorear


Dromedario para colorear


Love Quotes Tagalog


Mga Patama Quotes at Pamatay Banat Quotes


RE: Mutton Pies (mely)


Gwapo Quotes : Babaero Quotes


Kung Fu Panda para colorear


Libros para colorear


Mandalas de flores para colorear


Dibujos para colorear de perros


Toro para colorear


mayabang Quotes, Torpe Quotes, tanga Quotes


Long Distance Relationship Tagalog Love Quotes


Love Quotes Tagalog


Mga Tala sa “Unang Siglo ng Nobela sa Filipinas” (2009) ni Virgilio S. Almario





Latest Images

Pangarap Quotes

Pangarap Quotes

Vimeo 10.7.0 by Vimeo.com, Inc.

Vimeo 10.7.0 by Vimeo.com, Inc.

HANGAD

HANGAD

MAKAKAALAM

MAKAKAALAM

Doodle Jump 3.11.30 by Lima Sky LLC

Doodle Jump 3.11.30 by Lima Sky LLC